EINE NULLZINSPOLITIK IST AUSSER REICHWEITE

Die Europäische Zentralbank hat erstmals seit Jahren ihren Leitzins wieder gesenkt. So geht es jetzt weiter.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinswende vollzogen und ihren Leitzins am Donnerstag um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent gesenkt. Damit vollziehen die Euro-Währungshüter zum ersten Mal seit fünf Jahren eine Zinssenkung.

Doch warum ausgerechnet jetzt, fragen sich viele? Der Hauptgrund liegt in der deutlich abgeschwächten Inflation in Europa, wie Robert Leitner, Leiter Research des VZ Vermögenszentrums, sagt. Erreichte die Teuerung im Oktober 2022 mit 10,6 Prozent ihren Höchststand, liegt sie heute – eineinhalb Jahre später – bei 2,6 Prozent.

Zinssenkung macht Investitionen wieder attraktiv

Damit ist die Inflation zwar noch nicht besiegt. Die angestrebte Inflationsrate von zwei Prozent scheint aber immer realistischer, so David Marmet, Chefökonom Schweiz bei der Zürcher Kantonalbank. Ziel der EZB sei es deshalb, die Wirtschaft wieder etwas in Fahrt zu bringen.

Deswegen auch die Zinssenkungen. Denn für Unternehmen bedeuten tiefere Zinsen ein leichteres Finanzierungsumfeld, wie Leitner vom VZ Vermögenszentrum erklärt. Mit anderen Worten: Kredite werden günstiger, womit auch das Investieren wieder attraktiver wird. Für Sparerinnen und Sparer hingegen seien Zinssenkungen eher negativ, weil die Banken ihre Sparzinsen ebenfalls senken werden.

Sonderlich starke Auswirkungen auf die Wirtschaft wird der erste kleine Zinsschritt von der Europäischen Zentralbank aber nicht haben, sagt Marmet von der Zürcher Kantonalbank. Dafür bräuchte es weitere Zinssenkungen – die deswegen seiner Ansicht nach auch umso wahrscheinlicher sind.

Experte: Weitere Senkungen erfolgen behutsam

«Aufgrund des langsamen Inflationsrückgangs wird die Europäische Zentralbank jedoch sehr behutsam mit weiteren Zinssenkungen umgehen», fügt Marmet hinzu. Denn ein zu starker Wirtschaftsaufschwung würde wiederum eine höhere Inflation zur Folge haben.

Eine Nullzinspolitik ist laut Leitner vom VZ Vermögenszentrum allein schon deswegen ausser Reichweite. Denn die Europäische Zentralbank müsste dafür die Zinsen mehrfach senken. Solange aber die Inflation über dem Zielband von zwei Prozent ist, würden die Zinsen nicht so stark zurückkommen.

«Gleichzeitig scheint auch die Schuldenkrise der Euroländer Griechenland, Italien und Spanien überwunden zu sein», so Leitner. Diese konnten ihre relative Staatsverschuldung dank der Inflation in den vergangenen Jahren nämlich deutlich zurückfahren. Auch das spricht gegen mittelfristig deutlich tiefere Zinsen.

2024-06-07T16:11:42Z dg43tfdfdgfd