FRANZ CARL WEBER VERSCHWINDET: DIE MAGIE WAR SCHON LANGE WEG

Für Generationen von Kindern war Franz Carl Weber ein Synonym für Spielzeug. Nun lässt der deutsche Eigentümer die Marke sterben, doch der Niedergang begann vor langer Zeit.

In meiner Kindheit gab es einen magischen Ort. Er befand sich an der Bahnhofstrasse in Zürich und verkaufte, was das Kinderherz begehrte. Franz Carl Weber (FCW) hiess das Spielzeugparadies mit dem Schaukelpferd – oder «Gigampfi-Ross» – im Logo. Wenn wir in Zürich waren, wollte ich in den «Franzki», zur überschaubaren Begeisterung meiner Eltern.

In der Weihnachtszeit galt dies in erhöhtem Masse. Dann erschien der heiss ersehnte und liebevoll gestaltete Katalog mit allen Neuheiten von Lego, Mattel und Co. Und jetzt? Ist Schluss mit lustig. «Franz Carl Weber wird zu Müller», heisst es unsentimental auf einem Plakat am Stammhaus, das sich mittlerweile am Bahnhofplatz befindet.

Erst letztes Jahr hatte die deutsche Drogeriekette den Schweizer Spielwarenhändler übernommen. Nun macht sie kurzen Prozess mit den noch verbliebenen 21 Filialen. Jene in Basel, Bern und Luzern werden ebenfalls zu Müller-Geschäften umfunktioniert. Andere dürften vollständig verschwinden. Am Ende bleibt wohl nichts übrig von Franz Carl Weber.

Müller schafft Fakten

Der St.Galler FDP-Nationalrat und Digitec-Gründer Marcel Dobler, einer der letzten Miteigentümer, hatte beim Verkauf noch versichert, das «Rössli» werde bleiben. Doch im letzten Dezember schied er aus dem Verwaltungsrat aus. Nun zeigte sich Dobler auf Anfrage der NZZ sehr enttäuscht, dass Müller die Marke Franz Carl Weber aufgebe.

Der vom 91-jährigen Erwin Müller gegründete, milliardenschwere Drogerie-Konzern äusserte sich gegenüber Schweizer Medien ausweichend zu seinen Plänen. Gleichzeitig schafft er knallharte Fakten. Der erst vor einigen Jahren eingeführte Onlineshop wurde geschlossen, ebenso das Spielzeugmuseum, das erst 2022 nach Zürich-Altstetten «gezügelt» war.

Drogerie mit Spielzeug-Sortiment

Aus dem «Dreamland», wie es zeitweise genannt wurde, wird eine kommune Drogerie mit Spielzeug-Sortiment. Beim Kind von einst kommt ein wenig Wehmut auf. Und doch hält sie sich in Grenzen, was nicht nur daran liegt, dass die Spielzeugphase lange zurückliegt. Denn eigentlich hat der Niedergang des «Franzki» schon vor Jahren begonnen.

Seine Glanzzeit hatte das vom deutschen Migranten Franz Philipp Karl Friedrich Weber aus Fürth 1881 gegründete Unternehmen im Nachkriegsboom der 1960er- und 70er-Jahre erlebt. 1974 übernahm man sogar den amerikanischen Spielzeughändler FAO Schwarz. Das Gigampfi-Ross war nun auch an der prestigeträchtigen New Yorker Fifth Avenue zu finden.

Kostspieliger Umbau

Das Engagement auf dem hart umkämpften US-Markt zahlte sich nicht aus und ist längst Geschichte. Ende der 1970er-Jahre kam es zu einem weiteren Umbruch. Der Hauptsitz in Zürich wurde komplett erneuert. Er war 1890 bezogen und im Laufe der Jahre um vier angrenzende Häuser an der Bahnhofstrasse und am Rennweg erweitert worden.

Das zusammengewürfelte Ensemble machte gerade wegen seiner verwinkelten Architektur einen Teil der Magie des «Spielzeugschlosses» aus. Verkaufstechnisch aber war es ein Albtraum, also wurde der Komplex während fünf Jahren bis auf die Fassaden ausgehöhlt. Es entstand ein modernes Ladengeschäft, aber die spezielle Aura von einst war weg.

Schrumpfkur durch Denner

Der Umbau und das zunehmend härtere Business machten dem Familienunternehmen zu schaffen. 1984 wurde Franz Carl Weber an den Discounter Denner verkauft. Dieser sorgte für eine rigorose Schrumpfkur. Die Zahl der Filialen wurde von schweizweit einst über 50 auf 9 reduziert. 2006 folgte der Verkauf an den französischen Spielwarenkonzern Ludendo.

Darum verkauft Digitec-Dobler Franz Carl Weber an einen deutschen Drogisten

Er ging 2018 pleite, auch wegen der Konkurrenz durch den Onlinehandel. Marcel Dobler und einige Mitstreiter sprangen ein. Schon zwei Jahre zuvor war es zu einer einschneidenden Zäsur gekommen. Nach 125 Jahren verliess Franz Carl Weber die Bahnhofstrasse. Man konnte sich die Miete nicht mehr leisten und zog in ein schmuckloses Haus am Bahnhofplatz.

Zu klein für die Eigenständigkeit

Es war ein für viele alte und junge Fans schmerzhafter Bruch mit der Tradition. Und ein weiterer Verlust an emotionaler Bindung. Dennoch gelang den neuen Eigentümern der Turnaround und die Rückkehr in die schwarzen Zahlen. Auch wurden neue Filialen eröffnet. Nach fast 20 Jahren Pause kehrte Franz Carl Weber 2022 nach Luzern zurück.

Der Verkauf an Müller war letztlich ein pragmatischer Entscheid. Trotz des relativen Erfolgs war das Schweizer Traditionsunternehmen zu klein, um im Grosshandel vorteilhafte Preise herausholen zu können. Nun erhärtet sich der Verdacht, dass es die Deutschen auf die attraktiven Filialstandorte in den Stadt- und Einkaufszentren abgesehen hatten.

Noch einmal lässt sich Franz Carl Weber wohl nicht retten. Die Zürcher Innenstadt verliert ein weiteres Unternehmen mit klangvollem Namen. Doch die einstige Magie hat sich schon lange verflüchtigt. Bei allem Bedauern hält sich die Wehmut eben doch in Grenzen.

2024-03-27T13:38:32Z dg43tfdfdgfd