IMMER NEUE ÖLFELDER: WIE DIE PRODUZENTEN EINE VERVIERFACHUNG ANSTREBEN

Die Produzenten fossiler Brennstoffe weltweit sind gerade auf dem besten Weg, die Menge des geförderten Öls und Gases massiv aufzustocken. Besonders die USA genehmigen immer mehr entsprechende Projekte, wie ein neuer Bericht zeigt.

Will die Welt das 1,5-Grad-Ziel, das sie sich selbst gesetzt hat, einhalten, darf es keine neue Öl- und Gas-Infrastruktur geben. Zu diesem Schluss kam die Internationale Energieagentur (IEA) im Jahr 2021. Das Überschreiten dieser Schwelle, auf die sich die Regierungen im Pariser Klimaabkommen geeinigt haben, wird zu immer drastischeren Auswirkungen wie Hitzewellen, Überschwemmungen, Dürren und mehr führen, warnt die Wissenschaft.

Doch seit – und trotz – der Erklärung der IEA vor drei Jahren haben zahlreiche Länder und die grossen Unternehmen für fossile Brennstoffe riesige Mengen von neuen Öl- und Gasvorkommen erschlossen. Das zeigt ein neuer Bericht von Global Energy Monitor, einer NGO aus San Francisco. Demnach haben die Öl- und Gasproduzenten insgesamt mindestens 16 Milliarden Barrel Öl (oder deren Äquivalente, im Falle von Gas) in 45 Projekten genehmigt und mindestens 20,3 Milliarden Barrel in 50 Projekten entdeckt.

So schreibt die NGO in ihrem Bericht:

«Im vergangenen Jahr haben die Erdöl- und Erdgasproduzenten weltweit das Äquivalent der gesamten nachgewiesenen Erdölreserven in Europa entdeckt und genehmigt.»

- Global Energy Monitor: Drilling Deeper 2024: Global Oil & Gas Extraction Tracker -

Diese bewilligte Menge an Erdöl und Erdgas soll demnach bis zum Ende des Jahrzehnts vervierfacht werden: 31 Milliarden Barrel Öläquivalente – in 64 zusätzlichen neuen Öl- und Gasfeldern. Dies, «obwohl ein wissenschaftlicher Konsens darüber besteht, dass alle neuen Projekte mit Szenarien zur Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad unvereinbar sind», schreibt Global Energy Monitor.

Klimaschutz aus dem All – die neue Waffe gegen Ölkonzerne

Südamerika und Afrika: Die globalen Hotspots für neue Öl- und Gasprojekte

Der Bericht unterscheidet zwischen neu entdeckten und neu genehmigten Ölförderungsprojekten. Während die USA nach wie vor Spitzenreiterin ist, wenn es um gefördertes Öl und Gas geht, richtet sich der Fokus von neuen Projekten auf bisher eher unbekannte Länder: Auf vier Länder, die bis anhin kaum oder gar nicht gefördert haben – Zypern, Guyana, Namibia und Simbabwe –, entfällt mehr als ein Drittel des Volumens, das die Produzenten zu erschliessen hoffen (neu entdeckte Projekte).

Öl- und Gasfunde (in Millionen Barrel Öläquivalente) nach Land und Jahr

Die USA, die in den letzten sechs Jahren in Folge mehr Rohöl gefördert haben als jedes andere Land in der Geschichte, stehen dem Bericht zufolge bei neu genehmigten Öl- und Gasprojekten in den Jahren 2022 und 2023 an der Spitze. Guyana lag an zweiter Stelle, wobei 40 Prozent aller in den letzten zwei Jahren genehmigten neuen Ölprojekte auf die Länder des amerikanischen Kontinents entfielen.

Volumen der genehmigten Öl- und Gasreserven (in Millionen Barrel Öläquivalent) nach Land und Jahr

«Fantasie aufgeben»

Das Scheitern, die Jagd nach neuem Öl und Gas auch nur minim zu verlangsamen, überrascht angesichts der geringen Bemühungen der grossen Öl- und Gasunternehmen kaum. Sie selbst verfehlen ihre eigenen Ziele zur Emissionssenkung deutlich – oder schwächen sie teilweise bewusst ab. Auf einer kürzlich abgehaltenen Branchenkonferenz in Texas sagte zum Beispiel der Chef des weltgrössten Ölkonzerns Saudi Aramco, man «solle die Fantasie aufgeben», aus Öl und Gas auszusteigen – ein Ziel, das an der letzten Klimakonferenz (mehr oder weniger deutlich) gefasst wurde.

«Die Öl- und Gasproduzenten haben alle möglichen Gründe angeführt, um weiterhin neue Felder zu entdecken und zu erschliessen», sagt Scott Zimmerman, Projektleiter des globalen Öl- und Gasförderungstrackers bei Global Energy Monitor, «aber keiner von ihnen ist stichhaltig». Die Wissenschaft sei eindeutig: «Keine neuen Öl- und Gasfelder, oder der Planet wird über das hinaus belastet, was er verkraften kann», so Zimmermann. Er fügt hinzu: «Das ist enttäuschend. Es zeigt einen Mangel an Engagement auf der Angebotsseite für die Klimaziele.»

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