VOR 3 JAHREN STARTETE WAWRINKA EIN VIRTUELLES SPIEL – HEUTE SIND DIE TEILNEHMER STINKSAUER

2021 startete Stan Wawrinka das virtuelle Spiel Ballman Project. Drei Jahre später ist kein Geld mehr im Projekt und viele Kleinanleger haben fast alles verloren.

Der Tennisspieler Stan Wawrinka sieht sich der Kritik von Investoren ausgesetzt, die in sein virtuelles Spiel Ballman Project investiert haben. Mindestens sechs Anzeigen wurden bei einem französischen Kollektiv zur Unterstützung von Opfern von Influencern eingereicht, das eine Kollektivklage in Erwägung zieht, wie der Westschweizer Radio- und Fernsehsender RTS berichtet.

Darum geht's

Das Ballman Project ist ein virtuelles Game im Tennis-Setting. Es wurde «als erster Vorstoss von NFTs in die Tennis-Welt» angepriesen.

NFTs

NFT ist die Abkürzung von Non-Fungible-Token. NFTs sind digitale Eigentumstitel, die sich insbesondere in der Kunstwelt grosser Beliebtheit erfreuen. Ein NFT gilt als Kryptowert, den es aber im Gegensatz zur Kryptowährung nur einmalig gibt und der damit als nicht austauschbar gilt (non fungible = «nicht austauschbar»).

Mit ihrem Projekt überzeugten Stan Wawrinka und sein französischer Geschäftspartner, Prosper Masquelier, zahlreiche Kleinanleger, im Rahmen des Ballman-Projects virtuelle Tennisspieler auf Basis der NFT-Technologie zu kaufen – die sogenannten «Ballmans». Die exklusiven digitalen Avatare wurden gemäss RTS zu einem Preis zwischen 200 und 600 Franken angeboten.

Sobald ein Investor oder eine Investorin im Besitz eines solchen Ballman-NFTs ist, kann er oder sie an kostenpflichtigen (virtuellen) Turnieren teilnehmen und so anhand ihrer Ergebnisse Geld verdienen.

So warb Stan Wawrinka für das Projekt:

Das sind die Vorwürfe

Wie RTS schreibt, hätten insgesamt rund 2600 Menschen in das Ballman-Project investiert. Das Problem: Unter den Spielern stellte sich sehr schnell Ernüchterung ein, wie bereits im November 2023 eine französische Wochenzeitung berichtete. Offenbar erfreute sich das Spiel nicht der gewünschten Beliebtheit und die grossen Gewinne blieben aus.

RTS konnte mit mehreren Investoren sprechen. «Das Spiel ist sehr einfach und wir hatten schnell den Eindruck, dass immer die gleichen Leute gewonnen haben», erzählt zum Beispiel ein Westschweizer.

«Ich habe meinen Ballman bei Erscheinen für 318 Franken gekauft. Heute ist er 12 Franken wert.»

- Ein Walliser Investor -

Ein weiterer beklagt den Wertverlust seines NFTs und fügt hinzu: «Wo sind die 4 Millionen aus dem Projekt geblieben?» Offenbar ist das Ballman-Project in den letzten Wochen quasi stillgestanden. Im Hauptforum des Spiels würden die Gründer zudem kaum mehr Informationen bereitstellen.

Dass das Spiel nicht gut läuft, gibt Prosper Masquelier, Mitbegründer des Projekts, gegenüber RTS zu. Auch wenn das Spiel noch immer zugänglich und funktionsfähig ist, sagt der Franzose: «Der Erfolg ist in Bezug auf die Besucherzahlen nicht da und wir haben keine Rentabilität erreicht.» Das habe man so natürlich nicht gewollt, so Masquelier.

Das «Problem»: Trotz der fehlenden Rentabilität hat der Schweizer Tennisspieler Stan Wawrinka den Gegenwert von 440'000 US-Dollar in der Kryptowährung Ethereum zurückerhalten. Das zeigt die Arbeit eines berühmten Blockchain-Ermittlers, der die Finanzströme des Ballman-Projects verfolgte.

Diese Information sei unter den wütenden Mitgliedern der Ballman-Community der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Ein weiterer Investor, der 4000 Euro investiert hatte, sagt gegenüber RTS, er sei sehr enttäuscht über die Persönlichkeit des dreifachen Grand-Slam-Gewinners: «Ich habe den Eindruck, dass Stan Wawrinka alle reingelegt hat.»

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NFTs sind tot

Das sagt Stan Wawrinka

Finanzdokumente aus dem französischen Handelsregister sollen zeigen, dass der Schweizer Tennisstar nicht nur ein einfacher Dienstleister, sondern einer der Hauptaktionäre der Firma hinter dem Spiel ist.

Der Waadtländer selber verteidigt sich: Er habe die Erstellung der ersten Version des Spiels sowie dessen Vermarktung finanziert. Deshalb habe er seine Vorschüsse zurückerstattet bekommen und sei anschliessend für sein Image und seine Zeit, die er für das Projekt aufgewendet habe, entlöhnt worden.

«Ich verstehe, dass die Käufer enttäuscht sind. Man kann aber hier nicht von Betrug reden, da wir im Gegensatz zu vielen wirklich skandalösen Projekten die versprochenen NFTs und das Spiel geliefert haben.»

- Stan Wawrinka -

Sein Partner Prosper Masquelier bestätigt: Wawrinka habe eine Vergütung für sein persönliches Engagement bei der Förderung des Projekts (Videoaufnahmen, Nutzung seiner persönlichen sozialen Netzwerke und Nutzung seines Bildes) erhalten. Und: «Wir möchten darauf hinweisen, dass Stan zu einem Preis bezahlt wurde, der weit unter dem liegt, was für eine Person mit einem solchen Einfluss üblich ist», so Masquelier.

Von Betrug könne ohnehin nicht die Rede sein, sagt Masquelier gegenüber RTS. Er verstehe die Wut der Spieler, gibt aber zu Bedenken, dass ein Preisverfall der NFTs zwar zu bedauern sei, aber «das kann uns nicht zugeschrieben werden.» So sei in dieser Zeit der gesamte NFT-Markt zusammengebrochen. Und Wawrinka selbst fügt an, dass man im Gegensatz zu vielen wirklich skandalösen Projekten die versprochenen NFTs und Spiele auch geliefert habe.

Die Vorwürfe, die bleiben

Doch die Tatsache, dass Stan Wawrinka Geld zurückerhält, während alle anderen es verloren haben, erregt die Gemüter der Anleger, und die Erklärungen der Geschäftspartner überzeugen die Spieler offenbar nicht. So haben gemäss RTS sechs von ihnen bereits Anzeige bei der in Paris ansässigen Unterstützungsgemeinschaft für Influencer-Opfer erstattet. Diese wird in den kommenden Wochen entscheiden, ob rechtliche Schritte gegen die Initiatoren des Ballman-Projects einleiten werden.

Der Schaden soll auf mehrere Tausend Euro geschätzt werden. Der problematischste Aspekt betrifft in den Augen der Unterstützungsgemeinschaft Stan Wawrinka selber: Er sei eine international bekannte Persönlichkeit, die mithilfe ihrer grossen Community «ein zweifelhaftes Projekt vorangetrieben hat».

(lak, mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA)

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