FIS-PRäSIDENT JOHAN ELIASCH üBER DAS ERSTE SKI-WELTCUPRENNEN IN CHINA: «VIELLEICHT IN DER SAISON 2024/25»

Der Chef des Welt­skiverbands FIS über seine Vision vom ­globalen Skizirkus und den Zoff mit drei Landesverbänden – darunter auch Swiss Ski.

Der Trubel hat etwas nachgelassen. Aleksander Kilde hat die gefährlichste Abfahrt der Welt mit einer gebrochenen Hand in 1:56,90 Minuten bezwungen und wird in zwei Stunden zum Sieger gekürt. Bis es so weit ist, rutschen Promis für einen guten Zweck durch den Zieleinlauf. Ein Teil der 45’000 Zuschauer hat die Party vorübergehend in die Kitzbüheler Altstadt verlegt, um rechtzeitig zur Siegerehrung wieder an die Streif zurückzukehren. Am Tag zuvor hatten die Skiverbände der Schweiz, Österreichs und Deutschlands am Rande des Events ein Kooperationsabkommen unterzeichnet und sich im Kampf gegen den FIS-Präsidenten Johan Eliasch noch enger verbündet. Bevor er zum Kitz-Galadinner geht, nimmt sich der Brite Zeit für ein Gespräch mit BILANZ, keine 100 Meter vom Zieleinlauf der Streif. Weil im «Rasmushof» keine ruhige Ecke zu finden ist, findet das Gespräch in einem Hotelzimmer statt.

Mögen Sie den Rummel hier?

Ich liebe ihn. Deshalb komme ich seit Jahren auch besonders gerne nach Kitz. Es ist das beste Sportevent der Welt. Besser als der Grand Prix in Monaco. Es hat alles: viele Leute, den Nervenkitzel, die Unterhaltung, den Glamour. 

Wie viele Anlässe besuchen Sie hier?

Drei. Am ersten Tag war ich bei Arnold Schwarzenegger, bei seinem Klima-Charity-Dinner. Ich bin in Arnolds Advisory Bord, daher habe ich mich sehr gefreut, ihn zu sehen. Es geht um den Klimawandel, ein Thema, das mich seit 30 Jahren sehr stark beschäftigt. Gestern war ich beim Dinner unseres Hauptsponsors Audi, und heute gehe ich zum Kitz-Galadinner.

Die Abfahrer werden hier gefeiert wie Helden. Haben Sie sich überlegt, selbst Skiprofi zu werden?

Nein. Dafür war ich an viel zu vielen Sportarten interessiert. Ich spielte Curling, Golf, Tennis. Eishockey, Fussball, ging segeln und fuhr Autorennen. Aber der Skisport ist meine grösste Leidenschaft. 

Woher kommt sie?

Ich bin Schwede, ich stand schon mit zwei Jahren auf den Ski. Ich habe meine Kindheit im Schnee verbracht, und meine Zeit beim Skifahren – und beim Zuschauen – gehörte zu den besten Zeiten meines Lebens.

Schaffen Sie es hier auf die Piste? 

Das ist der einzige Nachteil meines Jobs: Ich habe keine Zeit. Vor meiner Zeit als FIS-Präsident kam ich in einem normalen Jahr auf 50 bis 60 Skitage, dieses Jahr sind es deutlich weniger. 

Sie waren auch immer wieder Vorläufer. Warum machen Sie das?

Es macht mir grossen Spass. Ich liebe Rennen und den Skisport. Zudem ist es für mich wichtig, um den Kurs exakt zu verstehen. Damit habe ich dann auch einen perfekten Einblick, was unsere FIS-Events bieten. Für mich ist es Teil meines Jobs. 

Sie spüren den Kurs?

Ja, genau. 

Haben Sie sich auch schon die Streif hinuntergetraut?

Ja, aber vor meiner Zeit als FIS-Präsident.

Beängstigend?

Die grösste Herausforderung ist es, aus dem Starthaus zu fahren. Dann gibt es kein Zurück mehr. Die Gravitation kümmert sich um den Rest. Man hat keine Zeit, Angst zu haben. 

Sie leben seit vielen Jahren in London. Die FIS hat ihren Hauptsitz in Oberhofen am Thunersee. Wie häufig sind Sie in der Schweiz?

Ich komme für Meetings in die FIS-Zentrale und besuche hier natürlich auch Events. Haben Sie eine Wohnung in der Schweiz? Nein, ich bleibe in Hotels. 

Warum sind Sie überhaupt FIS-Präsident geworden? Als Milliardär ging es Ihnen wohl nicht ums Geld. War es die Macht?

Es geht natürlich nicht ums Geld und noch viel weniger um Macht. Ich bekomme keinen Lohn, übernehme sogar meine Spesen. Besuche ich Events, wird der gesamte Aufwand, von der Anreise bis zum Hotelzimmer, von mir persönlich und nicht von der FIS bezahlt. Es ist einfach so, dass ich eine grosse Leidenschaft für den Schneesport habe. Bei Head und in der FIS-Familie haben wir uns immer Gedanken darüber gemacht, wie wir den Skisport besser machen können. Dann ging Gian Franco Kasper in den Ruhestand, und es gab Leute, die sagten, ich solle den Job als FIS-Chef machen. Es ist die grosse Ehre meines Lebens, und ich bin entschlossen, gute Arbeit zu leisten.

Was sind Ihre Ideen?

Das Ziel ist es, Skifahren und Snowboarden zu den nachhaltigsten, aufregendsten und integrativsten Sportarten der Welt zu machen. Dazu müssen wir den Skisport modernisieren. Wir müssen für jüngere Menschen attraktiver werden. Dabei sollten wir nicht nur auf Zentraleuropa fokussiert sein. Wir brauchen alle FIS-Disziplinen überall. Nach den Olympischen Spielen haben wir riesige Chancen in China. Die müssen wir nutzen. Auch haben wir es nie wirklich in den so wichtigen US-Markt geschafft. Dort ist der FIS Nor-Am Cup bekannter als der FIS-Weltcup. Das muss sich ändern. Es geht darum, unseren Sport zu globalisieren und ihn stärker ins Fernsehen und in die Onlinemedien zu bringen. Ich habe ein Mandat der 142 FIS-Mitglieder, den Sport zu modernisieren und ihn attraktiver zu machen.

Wie wollen Sie das genau anstellen?

Wir müssen uns mehr mit Klimawandel und Nachhaltigkeit beschäftigen. Das erwarten gerade jüngere Menschen von uns – und die Zukunft unseres Sports hängt davon ab. Wir müssen die TV-Berichte attraktiver gestalten. Wie das Rennen hier in Kitzbühel präsentiert wird, ist ja nicht der allgemeine Standard.

(Anmerkung: Vom ORF wurden mehr als 50 Kameras und über 30 Kameramänner eingesetzt).

So wie die Übertragungen in Kitzbühel durchgeführt werden, sollten sie also überall sein?

Ja, und wir können noch einen Schritt weiter gehen durch den stärkeren Einsatz von Drohnen und Telemetrie, wie es die Formel 1 schon praktiziert. Hier in Kitz wurden ja schon einige Drohnen eingesetzt, in Zukunft werden es noch mehr sein. Wir haben das vorangetrieben – bis zu dieser Saison war dies noch verboten. Dann wollen wir in der digitalen Welt durch Streaming-Angebote präsenter werden. Nicht in Konkurrenz zu den nationalen TV-Stationen, sondern in Ländern, in denen es eben keine Übertragung gibt. Damit man von überall auf dem Planeten Skirennen ansehen kann. Noch haben wir die Rechte nicht. Dann geht es auch darum, Lücken zwischen den Rennen zu schliessen.

Wie konkret?

Die ersten Rennen im Oktober sind eigentlich zu früh, zu dieser Zeit gibt es nur ganz wenige Länder, in denen man sich für Skirennen interessiert. Es entsteht dann eine grosse Lücke bis zum zweiten Rennen im November. Wir wollen ein wenig später starten, um keine Lücken im Kalender zu haben, und die Saison dann vielleicht aber um eine oder zwei Wochen verlängern. Die Schneebedingungen wären so insgesamt besser.

Stellt sich die FIS auf den Klimawandel ein?

Der Schutz des Klimas ist eine langfristige Priorität, Jahr für Jahr. Deshalb haben wir die FIS-Regenwald-Initiative ins Leben gerufen, um unseren globalen Kohlenstoff-Fussabdruck um ein Vielfaches auszugleichen. Das ist nicht nur richtig, sondern auch wichtig für die Zukunft unseres Sports. Die Arktis hat sich in den vergangenen 30 Jahren um vier Grad erwärmt. Das ist ein riesiges Problem. Es bringt mehr Niederschlag in kürzeren Zeiträumen. Wir sehen also Schnee oder Regen in viel grösseren Mengen, aber nur an wenigen Tagen – und extreme Wärme oder Kälte in extremen Wetterlagen. Um unsere Veranstaltungen anzupassen, müssen wir gut recherchieren und die richtigen Austragungsorte zur richtigen Zeit wählen. Wir müssen unseren Kalender da anpassen und auch flexibler sein.

Wie steht es um die FIS-Games? 

Die Idee einer Grossveranstaltung zwischen Olympia und der WM stösst überall auf grossen Anklang. Wir werden sehen, ob wir 2024 oder 2028 starten. Mit den FIS-Games haben wir die phänomenale Chance, alle Disziplinen zu vereinen und eine spektakuläre Veranstaltung für die Athleten mit einem grösseren Fernsehpublikum und viel mehr Geld für die TV- und Marketingrechte zu bekommen. Wir haben schon mit einigen grossen Sponsoren gesprochen, und sie sind alle begeistert.

In welchen neuen Ländern könnten Ski-Weltcuprennen in Zukunft stattfinden?

Wir hoffen, in China, dort befindet sich nach Olympia jetzt die nötige Infrastruktur. Wir hoffen, dass noch Lichtanlagen installiert werden. Dann könnten wir dort Nachtrennen durchführen, die man hier in Europa und sogar in den USA live verfolgen könnte. 

Wann könnten wir erste Ski-Weltcuprennen in China sehen?

Vielleicht in der Saison 2024/25.

Weltcuprennen in Südamerika?

Die könnten dort stattfinden. Es gibt Leute, die das fordern. Aber im Vergleich zu China wäre das höchstwahrscheinlich zu einem späteren Zeitpunkt. Sie haben ein Regenwaldprojekt umgesetzt und setzen sich für den Umweltschutz ein.

Produziert die von Ihnen angestrebte Globalisierung des Skisports denn nicht noch mehr CO2?

CO2-Neutralität brauchen wir überall. Wir als FIS haben uns verpflichtet, den CO2-Ausstoss bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren. Wir sind jetzt schon der erste Sportverband, der klimapositiv ist, und das gleich zehnfach. Dies wurde durch CO2-Ausgleichs-Projekte erreicht. Wir haben Projekte zur Vermeidung der Entwaldung von Regenwald initiiert. Aber unsere Mitglieder erwarten von uns auch, dass wir als FIS globaler werden. Es muss ein gutes Gleichgewicht zwischen Wachstum und Nachhaltigkeit geben, und mit unseren Plänen schaffen wir dieses Gleichgewicht.

Legen Sie bei Ihren Plänen nicht einen zu starken Fokus auf die alpinen Disziplinen?

Nein, wir versuchen, allen Disziplinen die gleiche Aufmerksamkeit zu geben. Das fällt nicht so auf, weil unsere Mitglieder überdurchschnittlich mehr über den alpinen Sport sprechen und die Berichterstattung darauf fokussiert ist, vor allem in dieser Region der Welt. Wenn man nach Skandinavien geht, sind natürlich die nordischen Disziplinen viel stärker im Fokus.

Schwarz oder weiss, Herr Eliasch?

Tiefschnee oder Piste? Piste, für Powder sind meine Knie durch viele Skiunfälle schon zu schlecht.

Lauberhorn oder Streif?Schwierige Frage. Es sind beides einzigartige Rennen und aus Sicht der FIS einzigartige Produkte.

Buch oder Film? Ich mag gute Filme, nicht zuletzt die meines Freundes Arnold Schwarzenegger.

Fondue oder Raclette? Beides zu schwer, ich mag Sushi.

Hansi Hinterseer oder Placido Domingo?Domingo, sorry Hansi.

Ingemar Stenmark oder Didier Cuche?Schreckliche Frage, ich liebe sie beide. Ingemar für seine Dominanz, Didier für seine Entschlossenheit, wenn es darauf ankommt.

Erfinden Sie Wettbewerbe? 

Ski fahren mit verbundenen Augen rückwärts, nein, das haben wir nicht vor. Wir fokussieren uns auf das, was wir haben. Allerdings haben wir die FIS um unsere Para-Disziplinen und die Freeride World Tour erweitert. 

Ein zentraler Teil Ihrer FIS-Reform ist die Zentralisierung der TV-Übertragungsrechte. Diese soll deutlich mehr Geld einbringen. Wie viel genau? 

30 bis 40 Millionen Euro im Jahr. Das ist für uns signifikant mehr Geld. Die Einnahmen wären so in etwa doppelt so gross, wie sie derzeit sind. Aber hier geht es um viel mehr als um Geld. Der Status quo macht keinen Sinn. Wir, der Internationale Ski- und Snowboardverband, dürfen nicht einmal ein Foto im Zielraum machen und es verwenden. Es geht also darum, die Kontrolle zu übernehmen und unser eigenes Schicksal zu bestimmen. 

Wofür das ganze Geld? 

Es geht immer um die Sportler. Es hat mich immer gestört, dass die besten Skifahrer, die mitunter ihr Leben aufs Spiel setzen, in einem Jahr so viel verdienen wie Nadal oder Djokovic in einer Woche. Diese grosse Diskrepanz möchte ich verringern. Dann geht es auch darum, in digitale Inhalte zu investieren und Serien, wie sie etwa die Formel 1 mit «Drive to Survive» produziert, umzusetzen. Solange wir die Rechte nicht kontrollieren, können wir solche Inhalte nicht produzieren, was eine grosse Schande für den Sport und alle, die ihn lieben, ist.

Bringt die Zentralisierung mehr Geld, weil Sie so die Zuger Vermarktungsagentur Infront als Mittelsmann ausschalten? 

Infront macht mit dem Verkauf der Rechte, der von FIS-Teams relativ einfach selbst umzusetzen wäre, riesige Gewinne. 

Also geht es im Kern darum, Infront loszuwerden? 

Infront war sehr klug. Sie haben die Zentralisierung ja schon durchgeführt und lange davon profitiert. Aber zum Wohle unserer Athleten und unserer nationalen Verbände muss damit Schluss sein. Wir fragen uns, warum wir das ganze Geld an Infront geben, wo es die FIS-Familie doch dafür nutzen könnte, die Zukunft des Sports erfolgreich zu gestalten.

Es gibt ja noch laufende Verträge. Warum drücken Sie so aufs Gaspedal?

Warum soll man Zeit verlieren? Wenn Sie etwas Unkluges getan haben, das Sie immer weiter viel Geld kostet, würden Sie dies so bald als möglich ändern, oder nicht? 

Wie realistisch ist es, dass die FIS die zentralisierten TV-Rechte bald selbst vergeben kann?

Es ist keine Frage des Ob, sondern nur des Wann. Ich bin optimistisch. Das Gericht hat vor einem Jahr bestätigt, dass die Rechte der FIS gehören und sie damit machen kann, was immer sie will. Wann immer wir entscheiden, dass wir es tun wollen, können wir damit starten. 

Müssten alle Mitglieder damit einverstanden sein? 

Nein, das 20-köpfige Council entscheidet, so steht es in unseren Statuten.

Hätten Sie denn das Know-how und die Experten, um die zentralisierte Vergabe der Rechte selbstständig durchzuführen?

Wir könnten sofort beginnen. Wir haben bereits ein erstklassiges Medien- und Marketingteam mit Fachwissen und Erfahrung aufgebaut, um dies innerhalb der FIS zu tun.

Würden die grossen Verbände bei der Zentralvermarktung mehr Geld bekommen?

Ja, sie würden mehr Geld bekommen. 

Warum dann der Widerstand in der Schweiz, Österreich und Deutschland?

Jeder, inklusive der Verbände, die sich jetzt so gegen die Zentralisierung stark machen, sind sich doch einig, dass etwas getan werden muss. Die Frage ist nicht, ob, sondern wann und wie. Gibt es Widerstand, kommt der auch meist nur von einzelnen Individuen mit einer ganz persönlichen Agenda. Es ist enttäuschend, dass der Prozess ein Jahr lang verlangsamt wurde, nicht nur für die FIS, sondern auch für die grosse Mehrheit unserer Mitgliedsverbände.

Die Skiverbände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben in Kitzbühel ein «Kooperationsabkommen» unterzeichnet. Es gilt als ein Bündnis gegen Sie und Ihre Pläne. Warum stossen Sie auf so viel Widerstand? 

Der Eindruck täuscht. Wir haben 142 Mitglieder, und die allergrösste Mehrheit davon ist für die Zentralisierung. Es gibt eine überwältigende Unterstützung für den grossen Wandel bei der FIS, aber wo immer es Veränderungen gibt, gibt es auch Widerstand. Aber es sind besonders wichtige Verbände. 

Nicht nur die Schweiz, Österreich und Deutschland sind grosse Verbände. In der FIS-Familie gibt es 19 grosse Verbände. Die drei stellen einen kleinen Teil der grossen Verbände und einen noch kleineren Teil aller unserer Mitgliedsverbände dar. Ich bin enttäuscht, dass sich einige in der FIS-Familie weiterhin gegen Veränderungen sträuben. Aber meine Tür steht ihnen immer offen, wenn sie wirklich an einem Fortschritt interessiert sind.

Warum haben Sie nicht mehr kommuniziert und Ihren Standpunkt klargemacht? 

2021 habe ich in meinem Manifest alle Pläne dargelegt. Der erste Schritt war, die Statuten zu ändern, um den Weg für die Zentralisierung freizumachen. Im Oktober 2021 haben 97 Prozent für die neuen Statuten gestimmt. Wir haben alle Verbände, also auch die Schweiz, Österreich und Deutschland, konsultiert und erklärt, wie das Modell funktioniert. Es ist also nicht so, dass sie die Infos nicht hätten. Über die Medien haben wir das nicht proaktiv kommuniziert. Wir handeln das nicht über die Medien aus, sondern direkt mit den Verbänden. Insgesamt gibt es 76 nationale Verbände mit Stimmrecht, und bloss fünf oder sechs sind gegen unsere Pläne. Über 90 Prozent wollen nur wissen, warum sie noch nicht umgesetzt sind. Was man in den Medien liest, unterscheidet sich von der Realität.

Machen Sie sich wegen dieses Kooperationsabkommens Sorgen?

Nein, das hat keine Konsequenzen, sondern ist reine PR. Lassen Sie mich eines ganz klar sagen: Wir sind eine demokratische Organisation. Wenn man in der Minderheit ist, muss man mit den Entscheidungen der Mehrheit leben. Das ist die Natur einer Demokratie. Natürlich gibt es in einer gesunden Demokratie verschiedene Ansichten, und wir debattieren ja auch. Wenn man dann aber eine Entscheidung getroffen hat, muss man der auch folgen. Wenn drei Verbände gegen den Willen der restlichen 139 in eine andere Richtung gehen wollen, dann wird das nicht funktionieren.

Wie kam es zum Bruch mit dem ehemaligen ÖSV-Präsidenten Peter Schröcksnadel, der früher Ihr Unterstützer war?

Peter Schröcksnadel wollte eine rechtliche Einigung mit Infront erzielen, egal zu welchem Preis, denn nach seinen Worten geben wir nicht unser Geld aus, sondern das Geld der FIS, also warum sollten wir uns darum kümmern? Das entsprach nicht meinem Verantwortungsbewusstsein und meinen Werten, Millionen von FIS-Geldern für politische Zwecke zu verschleudern, wenn diese Mittel für die Entwicklung unseres Sports und als finanzielle Unterstützung für unsere Mitglieder verwendet werden sollten. Es geht nicht darum, sich selbst in den Vordergrund zu stellen, sondern der Sache zu dienen. Es lohnt sich, für die Zukunft unseres Sports, aller Verbände, Athleten und ihrer Teams zu kämpfen. Das ist die Aufgabe der FIS, und dazu fühle ich mich als Präsident verpflichtet. Peters Weg wäre ein Verrat an dem Mandat gewesen, das mir bei meiner Wahl erteilt wurde, und er würde auch jedem Prinzip widersprechen, für das ich stehe.

Die Skiverbände, die nun das Kooperationsabkommen abschlossen, zogen gemeinsam mit Kroatien vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS, um Ihre Wiederwahl anzufechten. Nehmen Sie so etwas persönlich?

Nein, überhaupt nicht. Für mich sind interne Streitereien Zeitverschwendung. 

Wann rechnen Sie mit einem Urteil? 

Im Februar oder März.

Als Unternehmer sind Sie es ja gewohnt, Entscheidungen zu treffen. Nun müssen Sie sich mit Verbänden herumschlagen. Nervt Sie das?

Ich war im Laufe meiner Karriere in vielen Aufsichtsräten, einige davon waren börsennotierte Unternehmen, ich diente in der britischen Regierung. Dort war die Entscheidungsfindung immer ein Prozess – und oft ein verschlungener. Ich bin also demokratische Prozesse, Governance und strenge Entscheidungsfindungsprozesse gewohnt. 

Gleichzeitig müssen Sie mit den Verbänden arbeiten. Wie funktioniert das im Tagesgeschäft?

Wir haben unseren Rechtssitz in der Schweiz und uns an unsere Statuten und das schweizerische Recht gehalten. Wir sind eine demokratische Organisation. 

Reden Sie noch mit Urs Lehmann, dem Präsidenten des Schweizer Skiverbands, der gegen Sie wettert?

Nein.

Es gibt Spekulationen über Konkurrenzserien. Ist das eine reale Bedrohung?

Nein, die sehe ich nicht. Die Athleten könnten gemäss dem Reglement sonst nicht am Weltcup, an den Weltmeisterschaften und an den Olympischen Spielen teilnehmen. Kein Athlet wird sich darauf einlassen.

Sie haben ja den CEO-Posten von Head aufgegeben, sind aber immer noch der Mehrheitsaktionär. Führt das als FIS-Chef nicht zu einem Interessenkonflikt? 

Nein, überhaupt nicht. In der FIS-Familie gibt es viele Leute, die sich für den Sport ausserhalb der FIS engagieren. Wann immer es Entscheidungen gibt, wo ich in Konflikt geraten könnte, ziehe ich mich zurück. In der Praxis ist dies aber nur selten notwendig.

War es schwer, den Chefposten bei Head aufzugeben?

Nein, es läuft dort alles sehr gut.

Sind Sie bei Head in die Entwicklung neuer Produkte involviert? 

Nein, mit dem Tagesgeschäft habe ich nichts mehr zu tun. In den USA ist der Skisport bereits Luxus. Geht es in Europa in eine ähnliche Richtung? Ich denke, nein. Es hat sich nicht viel verändert. Die Zahl der Skifahrer ist stabil und in den letzten zwei Jahren durch die Pandemie sogar gestiegen. Der Drang zu Outdoor-Aktivitäten war gross.

Der Ruf der FIFA ist durch die Skandale in der Vergangenheit stark ramponiert. Was macht die FIS, um Korruption zu verhindern und nicht in eine ähnliche Schieflage zu geraten? 

Natürlich sorge ich unter meiner Leitung dafür, dass es keine Korruption gibt, und ich dulde auch keine Korruption. Wir sind ein Verband, der in Sachen Ethik eine sehr gute Bilanz vorzuweisen hat.

Wer entscheidet, wo Weltmeisterschaften stattfinden?

Der FIS Council. 

Und der könnte nicht bestochen werden?

Das wäre schwierig. Die Vergabe ist ein Prozess. 

Die FIS galt als etwas verstaubt. Haben Sie den Staub bereits entfernt? 

Ja.

Sie sind durch Buy-outs zum Milliardär geworden und zählen zu den reichsten Briten. Was ist Ihre besondere Gabe? 

Die Entschlossenheit, von A nach B zu gehen. Die nutze ich jetzt zur Modernisierung der FIS.

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