UM SWISS-PILOT ZU WERDEN, LERNT FELIX IN DER WüSTE FLIEGEN

Bei 45 Grad in der Wüste von Arizona trainieren die angehenden Pilotinnen und Piloten der Swiss für ihren Traumjob im Cockpit. Zwei Jahre dauert die Ausbildung, die äusserst anspruchsvoll ist.

Passender könnte sein Name kaum sein: Felix Luft, 23 Jahre alt, ist auf dem besten Weg, seinen Traum zu verwirklichen und Pilot bei der Swiss zu werden. Karge Wüstenlandschaften, extreme Hitze, weite Einöde – seit dem 20. Mai 2024 ist er in Goodyear, Arizona, einem Ort im US-amerikanischen Südwesten, der genau dafür bekannt ist. Die Wüste bietet jedoch auch Vorteile: Mit kaum Regen und nahezu immer klarem Himmel sind die Bedingungen hier ideal für eine Flugschule.

«Hier sieht alles gleich aus», sagt Luft und beschreibt die Herausforderung, in der flachen Einöde von Arizona zu navigieren. Wo er in der Schweiz Berge und Flüsse als Orientierungspunkte gewohnt ist, bietet die amerikanische Wüste wenig Hilfe bei der Navigation. Doch trotz der ungewohnten Bedingungen gefalle es ihm sehr. «Das Fliegen haben wir ja schon grundlegend in Grenchen gelernt, jetzt geht es darum, darauf aufzubauen,» erzählt der Nachwuchspilot im Gespräch mit 20 Minuten.

Schon lange träumt Felix vom Fliegen. Vor der Pilotenausbildung hat er ein Studium in Luft- und Raumfahrttechnik begonnen, das er später noch abschliessen will. Wie viele andere junge Menschen musste er während der Corona-Pandemie ursprüngliche Pläne aufschieben und trotz bereits erfolgreich bestandenem Assessment an der Flugschule eine Alternative finden. Als der Schulungsbetrieb nach Covid wieder aufgenommen wurde, entschied er sich, seinen Traum vom Fliegen zu verwirklichen.

Im Morgengrauen über der Wüste

Die Tage in Arizona beginnen früh. Kurz nach vier Uhr am Morgen ist Felix bereits mit seiner Fluglehrerin am Vorbereiten. Frühmorgens ist die Luft noch nicht so aufgeheizt und das Flugzeug fliegt ruhiger in der Luft. Nachdem die Flugroute studiert wurden, geht es raus auf den Flugzeugparkplatz, wo gleich mehrere einmotorige Maschinen der European Flight Academy stehen. Den Aussencheck führt Felix bereits routiniert durch: Er überprüft das Flugzeug auf Auffälligkeiten, testet die Seitenruder, schaut sich das Höhenleitwerk an. Zum Schluss kontrolliert er das Flugzeugbenzin auf mögliche Verunreinigungen. Dann geht es in die Luft.

Der Weg ins Cockpit verlangt grossen Einsatz

Es folgt ein rund zweieinhalbstündiger Flug über die Einöde Arizonas. Felix landet auf Regionalflugplätzen, übt das kontrollierte Durchstarten auf anderen Plätzen – in Arizona gibt es sehr viele kleine Flugplätze und somit Trainingsmöglichkeiten. «Wir fliegen normalerweise 2,5 Stunden täglich», sagt der angehende Pilot.

«Mit dem Briefing vor und dem Debriefing nach dem Flug hat man schon einiges zu tun.» Am meisten Spass mache ihm das Landen. Ob man ein Physik- und Mathegenie sein muss, um Pilot zu werden? «Ich denke nicht», meint Luft. «Ich habe diese Fächer immer gerne gehabt, aber auch ich bin weit davon entfernt, ein Genie zu sein,» lacht er. Felix kommt ursprünglich aus Koblenz in Rheinland-Pfalz, wohnt aber mittlerweile in Winterthur, um seine Ausbildung bei der Swiss zu absolvieren. «Das Assessment bei Swiss hat mich schnell überzeugt, deshalb kamen andere Airlines für mich nicht in Frage.»

Die Ausbildung verlangt viel Einsatz, und die Lernkurve ist steil. «Man sollte gut vorbereitet an die Sache herangehen,» sagt Felix. «Es ist eine Kombination aus Spass und harter Arbeit. Besonders solche Momente wie der Sonnenaufgang heute Morgen machen es lohnenswert.» Der Moment, wenn die ersten Sonnenstrahlen die Wüste in ein goldfarbenes Licht tauchen und das Flugzeug sanft durch die Luft gleitet, ist für Felix unbezahlbar.

In Arizona leben die Flugschülerinnen und Flugschüler zusammen auf dem Campus der European Flight Academy, direkt am Flugplatz von Goodyear. Nach acht Monaten Theorieunterricht und ersten Flugtrainings in Grenchen, vertiefen sie hier während viereinhalb Monaten das Fliegen nach Sichtflugregeln (VFR). Später folgt das Training nach Instrumentenflugregeln (IFR).

«Ohne finanzielle Unterstützung der Eltern würde es nicht gehen»

Die Ausbildung bei der European Flight Academy ist stark nachgefragt. Wer sie erfolgreich durchläuft, hat gute Chancen, eine Anstellung bei einer Fluggesellschaft der Lufthansa Group zu erhalten. Doch der Weg dorthin ist nicht einfach: Die angehenden Pilotinnen und Piloten müssen eine Reihe von anspruchsvollen Tests bestehen, darunter der DLR-Test, der verschiedene Fähigkeiten wie Gedächtnis, Konzentration und motorische Geschicklichkeit prüft. Danach folgt ein intensives Assessment sowie eine gründliche medizinische Untersuchung, bevor sie überhaupt in ein Cockpit steigen dürfen.

Felix hat diese Hürden erfolgreich genommen und ist nun Teil einer Ausbildungsklasse, die aus 17 Flugschülern und drei Flugschülerinnen besteht. Doch die Ausbildung ist nicht nur eine Frage des Könnens, sondern auch des Geldes. «Ohne die finanzielle Unterstützung meiner Eltern würde es nicht gehen» gibt Felix zu. Der Eigenanteil beträgt 35’000 Franken, dazu kommt ein Darlehen von Swiss.

An den freien Tagen entspannt Felix am Pool, lernt oder unternimmt Ausflüge in die Nationalparks der Umgebung. Trotz der Herausforderungen überwiegt die Begeisterung. «Das Fliegen ist für mich mehr als nur ein Beruf,» sagt Felix. «Und ich bin glücklich, dass ich hier in Arizona meinem Traum ein Stück näher komme.»

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