IN DER SCHWEIZ GAB ES NOCH NIE SO VIELE LADENDIEBSTäHLE

Der Inhaber einer Sicherheitsfirma, der seit über 23 Jahren Ladendetektiv ist, verrät auf Anfrage, wie die Diebe vorgehen.

Viele Medien berichten, dass die Diebstähle in deutschen Läden auf einem Rekordhoch sind. Das ist aber nicht nur in Deutschland so: Auch in der Schweiz gab es noch nie so viele Ladendiebstähle. Die polizeiliche Kriminalstatistik belegt das: Gab es 2020 noch 16'342 erfasste Ladendiebstähle, waren es letztes Jahr mit 24'252 rund 48 Prozent mehr.

Aber warum klauen die Menschen Waren in Schweizer Läden? Und wie gehen die Leute vor? Florim Abazi (47), Inhaber der Sicherheitsfirma Prime Security und seit 23 Jahren als Ladendetektiv unterwegs, gibt Auskunft.

Warum gibt es in den Läden immer mehr Diebstähle?

Abazi: Die hohen Lebenskosten und die Inflation sind nicht der einzige Grund dafür. Viele Läden sind sehr offen, Schranken beim Ein- und Ausgang gibt es meist keine. Das kann zu Diebstählen verleiten – vor allem in Kombination mit Self-Check-out-Kassen, an denen sich die Leute unbeobachtet fühlen. Auch die Tatsache, dass es in den Läden heute weniger Verkaufspersonal hat als früher, begünstigt Diebstähle.

Haben die Diebstähle auch mit unserer Konsumgesellschaft zu tun?

Abazi: Definitiv, auch Social Media spielt eine Rolle. Viele Menschen eifern Influencern nach, die oft teure Produkte anpreisen. Ihre Fans wollen diese dann unbedingt haben, können es sich aber gar nicht leisten. Der Wunsch nach Konsum ist so gross, dass es dann zu Diebstählen kommt.

Was sind das für Menschen, die in Läden klauen?

Abazi: Das ist ganz unterschiedlich, ich habe erst gerade wieder einen Dieb erwischt, der hoch gebildet war und sich den Einkauf locker hätte leisten können. Es klauen also nicht nur Leute, die kein Geld haben.

Klauen die Menschen, die Sie erwischen, immer wieder?

Abazi: Ja, viele versuchen es mal und tun es dann regelmässig, wenn sie niemand erwischt. Frei nach dem Motto: Klappt es einmal, klappts auch beim nächsten Mal. Diebstähle werden für diese Menschen so zur Routine.

Wann haben Sie als Ladendetektiv den letzten Diebstahl festgestellt?

Abazi: Vor wenigen Stunden. Der Juli ist erst drei Tage alt und wir haben zu dritt schon über 40 Diebstähle aufgedeckt. Eine Touristin wollte zehn Schoggis klauen, wir haben sie dabei erwischt, nun hat sie wohl Krach mit ihrem Ehemann.

Können Sie uns ein Beispiel für einen typischen Diebstahl verraten?

Abazi: Beliebt ist der Jacken-Trick: Man geht in die Umkleidekabine mit einer Jacke, hat aber in Wirklichkeit zwei Jacken an den Bügel gehängt. Dann verstaut man eine der Jacken in seiner Tasche, kommt aus der Kabine raus und stellt den Bügel mit der anderen Jacke wieder zurück. Solche Tricks gibt es viele, wir Ladendetektive durchschauen sie aber.

Können Sie noch ein Beispiel nennen?

Abazi: Ja, viele verstecken Waren nahe am Körper unter ihren Kleidern. Kürzlich liefen zwei Diebe aus einem Laden, der Alarm ging los und der Typ mit dem Rucksack rannte davon. Die Idee war, dass wir ihm nachrennen, denn sein Rucksack war leer. In der Zwischenzeit sollte sein Kollege mit dem Diebesgut davonkommen. Wir haben das aber durchschaut.

Stimmt es, dass die Diebe heute viel aggressiver vorgehen als früher?

Abazi: Ja, es gibt heute ganze Banden, die nur für Ladendiebstähle in die Schweiz kommen. Auch Privatpersonen sind aggressiver als früher, teils kommt es gar zu Angriffen gegenüber dem Verkaufspersonal.

2024-07-04T02:51:56Z