«DURCHAUS BEI ALLEN ARBEITGEBERN» – DPD-MISSSTäNDE SIND KEIN EINZELFALL

Die Speditionsbranche ist ein hartes Pflaster. Paketboten berichten von langen Arbeitstagen, fehlenden Pausen und körperlichem sowie psychischem Druck.

Pakete, die nicht auftauchen oder Schäden aufweisen, unzuverlässige Lieferanten und viel zu grosse Kartonkisten für kleine Lieferungen: Der Ärger der Kunden über die Paketdienste ist weit verbreitet. Doch auch auf der Seite der Unternehmen läuft vieles schief.

So herrschen etwa bei dem Lieferdienst DPD bedenkliche Arbeitsbedingungen, wie aktuelle Recherchen von «SRF Investigativ» berichten. Im Gespräch mit Paketboten diverser Unternehmen zeigt sich: Die Missstände sind bei weitem kein Einzelfall.

Die Angestellten der Paket-Unternehmen sprachen unter der Bedingung anonym zu bleiben, mit 20 Minuten.

DPD

Bereits 2021 fiel der Paketlieferant wegen seiner Arbeitsbedingungen auf. So berichtete ein Fahrer: «Es gibt keine Regeln, wir werden total ausgebeutet.» Die Gewerkschaft Unia hat eine Liste der Missstände verfasst, die unter anderem überlange Arbeitszeiten, missbräuchliche Lohnabzüge und krankmachende Belastung beinhaltete.

Damals gipfelte das Ganze in einem offenen Brief an das Unternehmen, unterzeichnet von der Gewerkschaft und bekannten Persönlichkeiten wie Rapperin Steff la Cheffe, Schriftstellerin Annette Hug und Komiker Peach Weber.

Wie aktuelle und ehemalige DPD-Angestellte gegenüber SRF aussagen, sind die meisten der Probleme noch immer aktuell. «Du bist gezwungen, die Pakete am Morgen rauszubringen, egal, ob es Platz hat oder nicht, du musst einfach schauen, dass sie rausgehen», erzählt etwa ein langjähriger Fahrer für DPD.

Post

Auf der Kundenseite geniesst die Schweizerische Post noch immer ein hohes Ansehen. Sie wird oftmals als zuverlässig und vertrauenswürdig angesehen. Mitarbeiter und ehemalige Angestellte berichten gegenüber 20 Minuten allerdings von ähnlichen Erlebnissen wie ihre Kollegen bei der Konkurrenz.

Ein Paketbote, der seit 10 Jahren bei der Post arbeitet, erzählt etwa von Arbeitstagen, die bis zu 12 Stunden dauern. «Wir fangen um 6 Uhr an und wissen nicht, wann wir nach Hause können.» Dazu komme körperliche sowie psychische Belastung durch Zeitdruck und fehlende Pausen. «Es gibt chronischen Personalmangel, da ständig an Personal gespart wird», ergänzt ein weiterer Mitarbeiter der Post.

Doch es gibt auch Lob für die Post. «Zu Corona-Zeiten waren wir wirklich sehr am Anschlag. Seit dann hat sich zum Glück viel verändert», so ein weiterer aktueller Paketbote. Unbezahlte Überstunden gebe es bei ihm keine. «Zeitdruck haben wir natürlich immer.» Aber daran habe er sich mittlerweile gewöhnt. «Wenn allerdings jemand ausfällt, dann haben wir ein grosses Problem.»

Planzer

Beim Konkurrenten Planzer hingegen kommt Kritik sowohl von Kunden als auch von Angestellten. Erst Anfang Oktober platzte einem Onlinehändler der Kragen, nach dem regelmässig Verspätungen, verschollene und nicht abgeholte Pakete seine Kunden vertrieben haben.

Im Februar dieses Jahres meldete sich ein Planzer-Chauffeur bei 20 Minuten und berichtete von chaotischen Zuständen. «Aus Zeitgründen stapeln die Mitarbeitenden im Lager die Pakete nicht richtig, sondern werfen sie einfach hinten in den Wagen.» Zu schwere Pakete und überbeladene Fahrzeuge sollen zudem ebenfalls vorkommen.

Doch auch hier gibt es Gegenstimmen. Eine Fahrerin relativiert: «Überall gibt es Höhen und Tiefen.» Sie sei aber zufrieden mit ihrer Anstellung. Lohn sowie Anstellungsbedingungen entsprächen der heutigen Zeit. «Ich möchte mich am Fortschritt und der Verbesserung in jeglicher Hinsicht beteiligen.»

Syndicom

Matthias Loosli von der Gewerkschaft Syndicom, zu der auch die Paketboten gehören, kennt die Beschwerden der Angestellten gut. «Die genannten Punkte entsprechen der Realität in dieser Branche. Sie zeigen sich durchaus bei allen Arbeitgebern – beim einen etwas mehr als beim andern.»

Wichtig sei aber zu unterscheiden, dass die Post und Planzer Paket die Arbeitsbedingungen ihrer Arbeitenden gesamt-arbeitsvertraglich festgehalten haben. Damit seien die Angestellten besser geschützt und die Arbeitsbedingungen abgesichert und weniger einseitig. Das heisst aber nicht, dass es dort keinen Verbesserungsbedarf gibt.

Grundsätzlich fordert Loosli bessere Arbeitsbedingungen und Löhne. Dazu gehöre, dass die einzelnen Zustell-Touren zu lang seien. Dafür braucht es mehr Personal und eine bessere Arbeitsorganisation. «Die Arbeitgebenden müssen auch mehr tun, um die Gesundheit ihrer Angestellten zu schützen.»

2024-10-31T03:43:24Z