Der Bund beschliesst nach dem Ende der Credit Suisse Massnahmen für systemrelevante Banken. Es war ein Kompromiss in erster Linie für die UBS, sagt der Bankenexperte.
Nach der CS-Pleite und der Übernahme durch die UBS entstand eine Megabank. Am Freitag stellte Finanzministerin und Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter ein Paket mit 31 Massnahmen vor, damit die einzige verbliebene Schweizer Grossbank nicht ebenfalls in eine Krise rutscht.
So ist vorgesehen, dass systemrelevante Banken künftig Beteiligungen ausländischer Tochtergesellschaften im Schweizer Stammhaus vollständig vom harten Eigenkapital abziehen müssen. Das bedeutet für die UBS, dass sie fast 24 Milliarden Franken mehr Eigenkapital vorlegen muss, wie die Bank schreibt.
Ausserdem sollen die Banken juristisch verbindlich festlegen, wer für welche Entscheide verantwortlich ist. Damit sollen bei Missmanagement den Verantwortlichen künftig etwa die Boni gestrichen werden können.
Das Parlament muss das Massnahmenpaket noch annehmen. Die UBS bekommt im Fall der Annahme eine Übergangsfrist von mindestens sechs bis acht Jahren.
UBS-Aktie steigt, Experte kritisiert
Die Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht begrüssen die Massnahmen zur Stärkung der Too-big-to-fail-Regulierung jedenfalls, wie sie in Medienmitteilungen schreiben.
Die UBS äussert sich auf Anfrage nicht, schreibt aber in einer Medienmitteilung, sie unterstütze grundsätzlich die meisten Regulierungsvorschläge des Bundesrats. Sie lehne aber die vorgeschlagene Erhöhung der Kapitalanforderungen entschieden ab. «Diese Änderungen würden zu Kapitalanforderungen führen, die weder verhältnismässig noch international abgestimmt sind», schreibt die Grossbank.
Die UBS wolle sich aktiv in den Konsultationsprozess mit allen relevanten Interessengruppen einbringen. Sie wolle dazu beitragen, Alternativen und wirksame Lösungen zu evaluieren, um den negativen Auswirkungen extremer Regulierungen auf ihre Aktionäre zu begegnen. Da die Massnahmen noch nicht in Kraft treten, halte sie an ihrem Ziel fest, die Dividende für die Aktionärinnen und Aktionäre um zehn Prozent zu erhöhen.
Die Reaktion an der Börse fiel auch deutlich aus. Die UBS-Aktie kletterte nach Bekanntgabe um über sechs Prozent.
20 Minuten bat Bankenexperte Peter V. Kunz um eine Einschätzung. Er ist geschäftsführender Direktor am Institut für Wirtschaftsrecht der Universität Bern.
Wie beurteilen Sie die Eigenkapital-Massnahmen?
Ich bin sehr überrascht, dass der Bundesrat nicht generell die Eigenkapitalanforderungen für die UBS verschärfen will.
Das wird die UBS sehr freuen
Reichen die Massnahmen aus, um das Risiko der UBS deutlich zu minimieren?
Die Eigenkapitalunterlegung bei ausländischen Tochtergesellschaften von neu 100 Prozent, würden die Risiken reduzieren und wären teuer für die UBS. Doch die UBS kann diese potenziellen Kosten selber beeinflussen, indem sie in diesem Bereich aktiver oder weniger aktiv ist. Sie muss einfach die finanziellen Konsequenzen für ihre Geschäftsentscheidungen tragen. Unter dem Strich werden die Risiken nach meiner Einschätzung präventiv nicht wesentlich reduziert.
Wie hat der Bundesrat entschieden, im Sinne der Banken oder der Bankenstabilität?
Es war ein Kompromiss, in erster Linie zugunsten der UBS, deren Lobbytätigkeiten der letzten Monate vermutlich gewirkt haben. Die Banken werden nicht wirklich stark belastet, und die einzelnen Banker müssen nicht einmal mit einer Strafverfolgung rechnen, was dann doch sehr nachsichtig erscheint. Immerhin können die Banken gebüsst werden.
Was sagen Sie zur Übergangsfrist von bis zu acht Jahren?
Es erscheint mir bedenklich, dass alles auf die lange Bank geschoben wird. Das bedeutet, dass alle vorgeschlagenen Massnahmen, wenn sie denn überhaupt im Parlament genehmigt werden, erst in mehr als zehn Jahren in Kraft treten. Die Bankenkrisen der UBS im Jahr 2008 und der Credit Suisse 2023 üben schon heute kaum mehr politischen Druck aus. Hoffentlich fällt uns in der Schweiz dies nicht über kurz oder lang auf die Füsse.
Könnte der Bundesrat nun im Fall einer zukünftigen Krise der UBS zumindest die vorgesehene Too-big-to-fail-Massnahme einer Abspaltung besser anwenden, was bei der Credit Suisse nicht geschah?Das ist völlig offen, was ich seit Jahren kritisiere. Nebst der Prävention als erster Schritt und der Sanierung als zweiter Schritt muss eine Abwicklung, beispielsweise eine Abspaltung zur Rettung der systemrelevanten Teile einer Grossbank, als dritter Schritt vorgesehen werden. Nämlich eben für den Fall, dass alle Stricke reissen. Dieser Punkt wird vom Bundesrat bloss am Rande angesprochen, obwohl er nach meiner Einschätzung eigentlich am wichtigsten wäre.
Hilft der Entscheid zur Festlegung der Verantwortlichkeit gegen Missmanagement?Ja, das wird das Verhalten des Managements sicherlich beeinflussen. Was ich aber nicht verstehe, weshalb bis jetzt damit zugewartet wurde und weiterhin wird. Die Finma hat längst die Kompetenz zur Einführung eines Senior Management Regimes, das im Detail aufzeigt, welcher konkrete Manager welche konkrete Verantwortung trägt. Dann kann dieser individuelle Manager zur Verantwortung gezogen werden, notabene dort, wo es am meisten weh tut: bei den Boni. Ich begrüsse die neuen Vorschläge zu den Vergütungen, die bei Fehlverhalten gestrichen und sogar zurückgefordert werden können. Dies dürfte durchaus zu einem Umdenken beim Risikoverhalten führen.
2025-06-06T15:23:52Z