BESTSMILE-AUS: «DIE MIGROS IST NUR NOCH EIN KNALLHARTER KONZERN»

Die Migros kehrt mit dem harten Besen auf. Gottlieb Duttweiler und das Soziale bei der Migros sind laut einem Reputationsexperten vorbei.

Melectronics, SportX, BikeWorld und nun auch Bestsmile. Die Liste der Migros-Tochterfirmen vor dem Aus wird immer länger. Dabei geht die Genossenschaft rigoros vor. Die Zahnmedizin-Tochter übernahm sie erst vor zwei Jahren komplett, nun zieht sie bereits den Stecker.

20 Minuten beantwortet die wichtigsten Fragen.

Warum folgt das Aus für Bestsmile so abrupt?

Das Dental-Startup hatte bereits im letzten Jahr mit schlechten Zahlen zu kämpfen, es folgte eine Restrukturierung, neun Filialen schlossen. Mittlerweile gibt es noch 27 zahnmedizinische Praxen.

Doch die Ergebnisse blieben weiter hinter den Zielen zurück, sagt, Migros-Sprecherin Carmen Hefti zu 20 Minuten. Die Migros-Spitze habe deshalb die Schliessung beschlossen, unabhängig von der Restrukturierung und ohne externe Berater wie McKinsey.

Was passiert jetzt mit Bestsmile?

Die Migros eröffnete ein Konsultationsverfahren. Nach Ende des Verfahrens Ende Oktober entscheide die Migros über die Zukunftsoptionen.

Die verbliebenen Filialen dürften aber voraussichtlich schrittweise schliessen. Die Zukunft für die 224 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist ungewiss. Von der Migros-Medienstelle heisst es, dass sich ein Stellenabbau wohl nicht vermeiden lässt.

Patientinnen und Patienten können laufende Behandlungen beim zahnarztzentrum.ch weiterführen. Diese Firma gehört zur Firma Medbase, die wiederum zur Migros gehört.

Warum kaufte die Migros überhaupt Bestsmile?

Hinter der Firma steckt der Seriengründer Ertan Wittwer, von ihm stammt beispielsweise auch die Beautyklinik Hair & Skin, die mittlerweile konkurs ist.

Bei der Übernahme der Migros sahen die Aussichten von Bestsmile noch gut aus. Das Dental-Startup warb mit Promis wie Ex-Nati-Goalie Yann Sommer, baute sein Geschäft rasch aus und verdoppelte die Produktionsstätte in Winterthur nach der Übernahme durch die Migros. Was die Migros für die Firma bezahlte, ist nicht bekannt.

Es ist auf jeden Fall nicht der erste Flop der Migros, sagt Reputationsexperte Bernhard Bauhofer von der Agentur Sparring Partners zu 20 Minuten. «Die Expansion nach Deutschland und all die Abenteuer in neue Geschäftsfelder ausserhalb vom Kerngeschäft waren nie sehr erfolgreich», sagt Bauhofer.

Warum wagt die Migros immer wieder solche Abenteuer?

Der Einstieg in die Zahnmedizin war enorm umstritten. Zahnärzte hassten die Migros dafür, sagt ein Migros-Experte. Dasselbe gelte für den Einstieg in die Hörgerätebranche mit Misenso.

«In solche Märkte kann man nicht einfach einsteigen. Aber der ehemalige Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen wollte den Gesundheitsbereich unbedingt stärken und liess die Manager einfach gewähren. So hat sich die Migros immer mehr verzettelt», sagt der Insider.

Passen solche Abenteuer zum sozialen Image der Migros?

«Nein, das passt nicht zum Bild der Migros, genauso wenig wie der Stellenabbau mit McKinsey, wo sie mit dem harten Besen kehrt. Das zeigt, dass bei der Migros vieles im Argen liegt», so Reputationsexperte Bauhofer.

Die Abenteuer seien mit dem Druck verbunden, dass die Migros immer neuen Umsatz machen und die Profitabilität steigern will, wie Bauhofer sagt.

Wird sich die Migros nun von weiteren Tochterfirmen im Gesundheitsbereich wie Medbase trennen?

Nein. «Gesundheit ist und bleibt eines der zentralen strategischen Geschäftsfelder der Migros-Gruppe mit dem Ziel, die Rolle als ganzheitliche Gesundheitsanbieterin mit einer führenden Marktposition und integrierter Versorgung weiter auszubauen», sagt Sprecherin Hefti.

Was macht das mit dem Image der Migros?

Das Aus für Bestsmile komme zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, parallel zur Umstrukturierung. «Gottlieb Duttweiler und das Soziale bei der Migros sind Vergangenheit, die Migros ist nur noch ein knallharter Konzern», sagt Bauhofer.

Es sei zwar gut, dass die Migros nun ihre komplizierte Struktur mit den mächtigen Genossenschaften im Sinne eines modernen Managements überarbeite. «Doch dabei trifft es immer die kleinen Angestellten, das ist ärgerlich», so Bauhofer.

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