Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom stellt sich bei den Protesten in Kalifornien als Donald Trumps Widersacher dar. Dabei drohen beide Seiten mit viel Geld, das sie zurückhalten wollen.
«Dies sind die Taten eines Diktators, nicht eines Präsidenten». Die Kritik gilt US-Präsident Donald Trump und stammt vom kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom. Er sieht den Einsatz der Nationalgarde im Rahmen der Proteste gegen die Einwanderungsbehörde ICE als «rechtswidrig» an.
Die Proteste in Los Angeles zeigen eine neue Eskalationsstufe im öffentlichen Diskurs zu Trumps Migrationspolitik auf. Gleichzeitig verdeutlichen sie aber auch einen immer grösser werdenden Spalt zwischen dem demokratischen Kalifornien und der US-Regierung unter Trump.
Dabei geht es um politische Deutungshoheit, Polarisierung – und ganz viel Geld. «Kein Steuerzahler sollte gezwungen werden, den Untergang unseres Landes zu finanzieren», sagte der Sprecher des Weissen Hauses, Kush Desai, am vergangenen Freitag.
Trump und Newsom drohen sich das Geld abzudrehen
Bei Desais Kommentar geht es um eine Warnung Trumps an Newsom. Spurt der Gouverneur nicht ein, droht der Präsident staatliche Zuschüsse einzustellen. Newsom hingegen kontert mit einer eigenen Drohung: «Die Kalifornier zahlen die Rechnungen für die Bundesregierung. Wir zahlen über 80 Milliarden mehr Steuern als wir zurückbekommen. Vielleicht ist es an der Zeit, das abzuschaffen», so Newsom in einem Post auf X (ehemals Twitter).
Newsoms Aussage ist nicht unbegründet. Dabei bezieht er sich wohl auf die neusten Zahlen des Rockefeller Institute of Government, gemäss denen Kalifornien 2022 rund 692 Milliarden US-Dollar in die Staatskasse gezahlt hat, aber nur 609 Milliarden wieder zurückbekommen hat. Ohne die staatliche Unterstützung im Rahmen der Covid-Pandemie läge das Minus gar bei 126 Milliarden US-Dollar.
Seit 2015 verbucht der Bundesstaat beim Finanzausgleich fast jedes Jahr ein Minus. In den Jahren 2021 und 2020 hat Kalifornien zwar jeweils ein Plus von über hundert Milliarden gemacht. Dies ist jedoch mehrheitlich auf die staatliche Unterstützung während der Pandemie zurückzuführen.
Kalifornien – eine Wirtschaftsmacht
Damit gehört Kalifornien zu einer Gruppe weniger Bundesstaaten, die mehr Geld in die Staatskasse einzahlen, als sie zurückbekommen – und führt diese mit deutlichem Abstand auch an. Möglich macht dies die gewaltige Wirtschaft, die der Westküstenstaat beherbergt.
Gemäss Daten der Weltbank und dem U.S. Bureau of Economic Analysis übertraf das Bruttoinlandprodukt (BIP) von Kalifornien 2024 mit 3,9 Billionen US-Dollar dasjenige von Wirtschaftsmächten wie Frankreich und Grossbritannien. Gleichzeitig machte das kalifornische BIP rund 15,33 Prozent des US-amerikanischen BIPs aus.
«CalExit» spaltet Silicon Valley
Newsoms Drohung trägt also einiges an Gewicht. Andere gehen jedoch noch weiter. Auf den sozialen Medien häufen sich im Kontext der Proteste Rufe nach einem «CalExit» – der Abspaltung Kaliforniens von den USA, die schwere wirtschaftliche Folgen hätte. Solche Überlegungen gibt es bereits seit einigen Jahren, mit der Wiederwahl Trumps habe die Bewegung jedoch nochmal an Fahrt gewonnen. So sagt es zumindest Marcus Ruiz Evans, der hinter einer Petition, die genau diese Abspaltung fordert, steckt.
Bei der Tech-Branche, die zu einem grossen Teil Kaliforniens Wirtschaftsmacht stützt, könnten solche Forderungen allerdings auf Widerstand stossen. Während der Silicon Valley Grossinvestor Shervin Pishevar 2016 noch eine eigene Bewegung zur Abspaltung gründete, macht er heute auf X seine Unterstützung für Trump deutlich. Generell scheint sich die Tech-Elite nach rechts abgedreht zu haben.
Wahlergebnisse aus dem Santa Clara County, das den Grossteil des Silicon Valley ausmacht, zeigen jedoch, dass die Bosse zwar die Nähe zu Trump suchen, die Angestellten diesen jedoch mehrheitlich ablehnen. Ob das für einen «CalExit» reicht, wird sich allerdings erst im Juli zeigen. Bis dann muss Evans Petition über 500'000 Unterschriften einholen, damit 2028 die Frage nach der Abspaltung auf den Wahlunterlagen landet.
2025-06-10T03:07:42Z